725 Jahre Großhennersdorf

2021 jährt sich die erste urkundliche Erwähnung von Großhennersdorf bekanntlich zum 725. Mal. Alle geplanten Fest- und Feierlichkeiten mussten leider abgesagt werden.

Der Geschichtsverein plant dennoch aus diesem Anlass die Herausgabe einer Festschrift. In dieser sollen auch die »vergessenen Vereine« eine Würdigung erfahren – so zum Beispiel die beiden Radfahrvereine, der Gesangsverein, der Militär- und Schützenverein.

Vieles an Aufzeichnungen, Fotos und Dokumenten ist verlorengegangen, mancher Schatz befindet sich aber vielleicht noch im privaten Besitz. Der Geschichtsverein bittet deshalb um Hinweise und Unterstützung. Diese können gern an Friedhelm Neumann (035873 42394) übermittelt werden. Als ein Beispiel eines örtlichen Vereins der jüngeren Geschichte kann der Ziegenzüchterverein genannt werden. Über diesen liegen auch nur spärliche Informationen vor.

Ziegenzüchterverein Großhennersdorf

Ziegen gehören neben Hunden und Schafen zu den ältesten Haustieren. Weil Ziegen im Verhältnis zu ihrer Größe viel Milch geben und keine besonderen Ansprüche an die Haltung stellen, wird die Ziege auch als »Kuh des kleinen Mannes« bezeichnet. Besonders in schlechten Zeiten und von Kleinbauern und Häuslern wurden deshalb gern Ziegen gehalten. Wichtig war die Nutzung der Milch für die tägliche Ernährung und gelegentlich ein eigenes Stück Fleisch von einem Zicklein.

Viele Ziegenhalter lieferten auch Milch an die Molkerei und sicherten sich so eine Aufbesserung ihres Einkommens. Deshalb war es für die Halter von Ziegen wichtig, dass diese auch eine hohe Milchleistung erreichten.

Für 1944 wurde eine durchschnittliche Milchleistung pro Herdbuchziege und Jahr von 795 kg angegeben (Quelle: Jahresbericht des Kreisfachverbandes Löbau). Gutes Zuchtmaterial, insbesondere männliche Zuchttiere, war von großer Bedeutung für eine wirtschaftliche Ziegenhaltung.

Am 27.7.1935 wurde im Kretscham deshalb der Ziegenzüchterverein in Großhennersdorf gegründet. Erster Vorsitzender war der Ladenbesitzer Richard Jähne. Da auf Grund der Gleichschaltung keine Vereine mehr als eigenständige juristische Personen gebildet werden durften, war der Verein zunächst eine Ortsfachgruppe innerhalb der Landesfachgruppe Ziegenzüchter Sachsen.

Der Verein hatte 15 Gründungsmitglieder. Die Mitgliederzahl wuchs schnell, 1938 wurden schon 30 Mitglieder registriert. Ziel war die Förderung der Zucht und Haltung von Deutschen Milchziegen. So wurden schnell alle Zuchttiere erfasst, die im Herdbuch eingetragen waren und ein Ausbau der Bestände angestrebt. Der Verein arbeitete auch über die gesamte Kriegszeit.

Nach dem Krieg wurden die Züchtervereine schnell aufgefordert, ihre Arbeit fortzusetzen. Folgerichtig wurde am 1.10.1946 die Sächsische Ziegenzuchtgesellschaft neu gegründet. Ein Höhenpunkt in der Ziegenhaltung in Großhennersdorf wurde bedingt durch die allgemeine Notlage in der Nachkriegszeit erreicht.

Vereinsvorsitzender in den Nachkriegsjahren war Edmund Schönfelder. Der Verein besaß eigene Geschäftsanteile an der Molkereigenossenschaft Herrnhut.

Der allgemeine Mangel an tierischen Rohstoffen und Nahrungsmitteln in der DDR in den Nachkriegsjahren führte zur Einführung von Ablieferungssoll, gestaffelt nach den bewirtschafteten Flächen, und betraf auch die Kleintier- und die Ziegenhalter.

Neben der produzierten Milch mussten auch Häute abgeliefert werden. So wurde am 5. März 1953 der Gemeinde Großhennersdorf durch den Rat des Kreises Löbau die Auflagen zur Ablieferung tierischer Rohstoffe mitgeteilt.

Diese Planauflagen wurden dann in der Gemeinde auf die einzelnen Halter von Tieren entsprechend der bei der Tierbestandsmeldung angegebenen Tierzahl umgelegt. Die Erzeuger mussten die entsprechenden Mengen bei der örtlichen Sammelstelle abgeben. Im Falle der Nichterfüllung des Ablieferungssolls drohten Sanktionen.

Mit der Gründung des Verbandes der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter (VKSK) wurde 1953 der Verein in eine Sparte Ziegenzüchter innerhalb des VKSK umgewandelt. Die Haltung der Zuchtböcke war eine kostenaufwendige Angelegenheit, deshalb war es für die Ziegenhalter von Vorteil, wenn diese durch den Verein gehalten wurden und gegen ein kleines Entgelt (zum Beispiel für 1949 – 3,– DM pro Sprung) die weiblichen Tiere gedeckt werden konnten.

Das Decken durch ungekörte Böcke war untersagt und konnte mit einer Geldstrafe belegt werden. Im Zuge der Kollektivierung der Landwirtschaft und der damit verbundenen Einschränkungen in der individuellen Landnutzung, den verschlechterten Zugangsbedingungen zu Futtermitteln und der Verbesserung des Lebensstandards gingen die Ziegenbestände in den 60er Jahren deutlich zurück. So wurde auf der Mitgliederversammlung 1960 ein Rückgang der Mitgliederzahl in der Sparte Ziegenzüchter konstatiert, es wurden nur noch 194 Ziegen im Dorf gehalten, die Bockhaltung übernahm die VdgB vollständig, die Deckgebühren stiegen an.

In den folgenden Jahren verlor die Ziegenzucht weiter an Bedeutung. Wann der Verein aufgelöst wurde, ließ sich nicht mehr ermitteln. (Quelle: Aufzeichnungen von Karl Böhm – Sekretär der Gemeinde Großhennersdorf, Archiv Geschichtsverein Großhennersdorf)

F. Neumann, Geschichtsverein Großhennersdorf

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